Wuchernde Preise für Sky-Kneipen: Ein Fall für das Kartellamt

Werder-Fans in Hamburg haben es zur Zeit besonders schwer. Grund dafür ist nicht allein die sportliche Talfahrt ihres Lieblingsclubs oder die einhergehende Häme in der Stadt des Lokalrivalen. Die Werderaner in der Diaspora Hamburg haben ihre thekensportliche Heimat verloren. Das “Osterdeich”, Stamm-Kneipe aller Werder-Fans in Hamburg, hat im Sommer das Sky-Abo gekündigt.
Der Abschied von Sky ist den Betreibern des “Osterdeich” sicher nicht leicht gefallen. Bei Live-Übertragungen von Werder-Spielen oder anderen Partien der Bundesliga oder Champions League war die Kneipe im Stadtteil Eimsbüttel stets gut gefüllt. An Samstagnachmittagen gab es sogar eine Spielecke für Kinder fußballbegeisterter Väter. Das alles ist Geschichte und allein darauf zurückzuführen, dass das Sky-Abo schlichtweg zu teuer wurde. Nach der letzten Preiserhöhung im Sommer sollen die monatlichen Gebühren sogar die Miet-/Pachtkosten der Sportkneipe überstiegen haben.
Die Sorgen des “Osterdeich” teilen unzählige Fußballkneipen und Sportsbars in Deutschland. Viele wurden im Sommer mit zum Teil heftigen “Preisanpassungen” konfrontiert und sahen sich gezwungen, ihr Sky-Abo zu kündigen. Monatliche Gebühren in Höhe von 600-800 Euro im Monat sind für durchschnittlich große Kneipen inzwischen keine Seltenheit mehr, größere Sportsbars finden sich im vierstelligen Bereich wieder. Und die vorangegangene Preiserhöhung liegt nur ein Jahr zurück.
Sky begründet die Preiserhöhungen mit den gestiegenen Lizenzkosten für die Exklusivrechte an den Bundesligaübertragungen und habe zudem nur den Berechnungsmaßstab individueller gestaltet, u.a. nach Bevölkerungsdichte und Kaufkraft des Standorts. Wie Sky die Preise genau berechnet, wird jedoch nicht offengelegt.
Man wird auch ohne Insiderwissen davon ausgehen dürfen, dass man sich bei der Neuberechnung in Unterföhring nicht ins eigene Fleisch geschnitten hat. Die gestiegenen Kosten für die Übertragungsrechte klingen als Begründung zwar zunächst nachvollziehbar, allerdings hat es bei den Privatkunden von Sky in den letzten Jahren keine Preissteigerungen gegeben.
Auch die nächste Preiserhöhung wird nicht lange auf sich warten lassen, vermutlich kommt sie schon im nächsten Sommer. Denn Sky kann es sich leisten und muss keine Abwanderung von Kunden zur Konkurrenz befürchten: Es gibt keine Wettbewerber, Sky hat gegenüber den Fußballkneipen ein lupenreines Monopol. Ein Massensterben der Sportsbars ist damit nicht unwahrscheinlich und wird von Sky vermutlich auch nicht allzu sehr bedauert: Je weniger Möglichkeiten es gibt, Spiele in der Kneipe zu schauen, desto größer wird die Zahl der Privatabonnenten.
Das Ganze stellt ein gutes Beispiel für den “Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung” dar, dessen Bekämpfung in Deutschland Sache der Kartellbehörden ist. Gemäß § 54 GWB können Betroffene ein Verfahren bei der Kartellbehörde beantragen. Vielleicht ist es ja eines Tages soweit, dass sich genügend frustrierte Wirte von Sky-Kneipen zu solch einem Verfahren beim Kartellamt entschließen und es zu einer Aufteilung des Marktes für Privat- und Gastro-Abonnenten kommt.
Bis dahin bleiben den Kneipiers nur kleinere Maßnahmen, wie Eintritt von den Gästen zu kassieren oder regelmäßig das Abo zu kündigen, um anschließend günstigere Tarife herauszuverhandeln. Die Gäste des “Osterdeich” wurden ans “Haus 73″ im Schanzenviertel vermittelt, wo es zumindest auch Haake-Beck geben soll. Zumindest ein kleiner Trost für die gebeutelten Werderaner.
Moin,
wir haben in Frankfurt das selbe Problem. Ein Aspekt ist, dass wir bei Sky ein Paket kaufen müssen von dem lediglich 34 Eintracht Bunesligaspiele plus einige DFB Pokal Kicks interessieren. Also 12 x € 650 für ca. 36 Übertragungen.
Andere Bundesliga Kicks, Champions League, 2. Liga, Formel 1, Golf und Röhnradfahren interessiert unsere Gäste nicht.
Wenn wir lediglich die Eintracht Spiele kaufen könnten, sähe das ganze schon anders aus.
Danke für das Beispiel und die Infos! Über €600/Monat scheinen also für eine normale Kneipe keine Seltenheit zu sein. Da muss man schon einige Biere für zapfen, um das wieder reinzuholen…
Sehr gut geschrieben, recherchiert und sehr sorgsam gestaltete Quellenangaben. Toller Artikel, Nils! Respekt.
merci, Kai
Fussball ohne Zusatzkosten wird von der Politik nicht gewünscht. SKY zahlt ca. 625 mio.€/Jahr für TV und diverse andere Rechte – ARD&ZDF ca. 150 Mio.€ für kastrierte “TV “Zweitverwertung”. Also sind da 475 Mio.€ nötig um SKY zu neutralisieren. Schaut man sich nun an wie SKY seine Übertragungen mit Werbung pflastert, läge es nahe der Wirtschaft zu empfehlen, Ihre reichweitenstärkesten Werbepartner in dieses Geschäft zu drängen. Das wären mit der Gesamtheit der deutschen Haushalte dann wohl ARD/ZDF. 20+ bundesweit empfangbare Sender könnten von Freitag bis Samstag mit Bundesliga ohne Extrakosten ein Millionenpublikum erreichen, dass für SKY niemals zu erträumen wäre. So ergäben sich ca 10.000 Werbeminuten pro 1&2 Ligasaison.Auch wenn die nicht alle auf Premiumniveau wären sollte das für ein paar hundert Millionen zusätzlicher Einnahmen reichen.
Hinter dieser neuen Preiserhöhung steckt Tipico als Sponsor von Sky, weil wenn ich nicht mehr in die Kneipe kann und es mir Privat nicht leisten kann, dann gehe ich ich ins Wettbüro und irgendwann werde ich auch anfangen Tipp scheine abzugeben 😉
Ich finde es ohnehin nicht richtig, dass die Fußballrechte zu derartigen Preisen von öffentlich-rechtlichen aufgekauft werden. Nur auf Kosten alle Gebührenzahler kann dies gemacht werden. Nun ist es aber nicht so, dass die Einschaltquoten die 50% erreichen, mal von Weltmeisterschaften abgesehen. Da stellt sich doch die Frage, warum alle an der Erwirtschaftung von 150 Mio. Euro beteiligt sein müssen, oder etwa nicht? Die Fußballvereine müssen – das sehe ich so – auf der andere Seite für ihre Polizeieinsätze bezahlen. Oder es zu einem öffentlichen Ereignis machen. Dann können Medien auch kostenlos berichten. Die Frechheit liegt in der Sozialisierung der Verluste und Individualisierung der Gewinne. 150 Mio. Euro für Fernsehrechte: MITNICHTEN, diese Praxis muss eingestellt werden. Vielmehr müssen die Vereine bezahlen. Wenn 1200 Polizisten für 4 Stunden im Einsatz sind, müssen pro Stunde schlicht 120000 Euro berechnet werden, Anfahrt und Spesen zusätzlich, macht für ein Spiel schon mal ne gute Millionen. Dann kann der Verein entscheiden, ob die Gesellschaft das Spiel bewachen muss und gleichzeitig dafür aufzukommen hat, dass die Zuschauer und die Allgemeinheit vor dem einhergehenden Fußballmob geschützt werden. Würde das in Rechnung gestellt, wäre die Kostenlast beim Fußballverein. Die Rechte könnte sich der Verein an den Hut stecken. Aber so zahlen wir zwei mal: 1 Millionen für die Bewachung und mehrere für die Übertragungsrechte. Für mich, als Nicht-Fußball-gucker ist dies eine Zumutung, ich für meinen Teil will dafür nicht bezahlen müssen. Aber ich muss.
Hier könnt Ihr auch gerne mit diskutieren.
https://www.facebook.com/pages/Boykott-gegen-SKY-f%C3%BCr-die-Gastronomen/617117841720419
Hallo,
ich bin letztes Jahr auf das Thema aufmerksam gekommen, und gleich fiel mir ein, dass die Britten das gleiche Problem haben. Selbst bei den Anlaufstellen der Fussball Fans fand man kein Pay-TV, klar, die werden i.d.R. auch nur vor und nach dem Spiel besucht, dennoch war ist die Anzahl der Pay-TV Kneipen drastisch gesunken, noch 2008 hatte so gut wie jede Kneipe, selbst in den Kinohallen lief Fussball und Rugby… fast alles weg.
Und trotzdem gab es doch Fussball in der Kneipen, und zwar dank freies WLAN, konnte man das ganze über sein iPad/Laptop streamen lassen.
Hallo
Ich habe zwar ein sky Abo und dies ist schon sehr beträchtlich teuer, aber ab un zu muss ich auch meine IrishPub Stammkneipe besuchen und unterstützen.
Dieses Pub ist eine Stammkneipe der FC Augsburg Fans.
Nach dem der Betreiber selbst die Erhöhung erhalten hatte, war er wie geschockt. Soll er kündigen oder weiter machen.
Er hat in diesem Falle weiter gemacht und appelliert an die Fans, beteiligt euch bitte an den Kosten.
Er hat ein Beiblatt in die Speisekarte gelegt und dort ist eine genaue Erläuterung über die Kostenaufstellung aufgeführt……
Nun wird dies im Moment so gelöst, das jeder Gast ein Los kauft, im Wert von 2,- € und dadurch nimmt man noch an einer Monatsverlosung teil.
Die Fans nehmen es an und sind in diesem Falle dankbar, dass er weiter macht.
Gruß
Ralph
PS: Lasst die Kneipen nicht aussterben
Hallo Ralph!
Klingt nach einer sehr guten Idee mit der Kosteninfo und der Verlosung. Mail uns doch gerne bei Gelegenheit mal Name und Foto von deinem Pub und dem Beileger, wenn du magst, dann berichten wir darüber. Um die Fussikneipen am Leben zu erhalten!
Gruß, Nils
Mail: nils@stehplatzhelden.de