“Stop it, Chirac!“ Ein Protest mit Folgen

Thomas 6. September 2015
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In Deutschland regierte noch Helmut Kohl. In der Schweiz führte als letzter Kanton Appenzell Innerrhoden gerade erst das Frauenstimmrecht ein. Und in Schweden sorgte eine Protest-Aktion der Schweizer Fussball Nationalmannschaft weltweit für Schlagzeilen. Ab sofort wurden ähnliche Kundgebungen von der UEFA hart bestraft.
Es war eine mit Spannung erwartete Partie, die angesetzt war im Ullevi in Göteborg. Haargenau 20 Jahren ist es her: Am 6. September 1995 trafen Schweden und Schweiz in der Qualifikation zur EM aufeinander. Bei den Schweden spielten noch Topstars wie Tomas Brolin oder Martin Dahlin mit, die mit ihrer Mannschaft ein Jahr davor WM-Dritte wurden. Die Schweizer Mannschaft ebenfalls im Hoch – hatte sie doch 1994 zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder an einem grossen Turnier teilgenommen und war auch zu diesem Zeitpunkt auf dem besten Weg, sich  für die EM 1996 zu qualifizieren.
Ohne Titel
Die Sonne stand noch hoch über dem Stadion, als die beiden Mannschaften auf das Feld kamen. Dann geschah etwas  Ungewöhnliches: Während aus den Lautsprechern die Nationalhymnen schepperten, rollten die Schweizer Spieler ein Laken aus mit der Schrift „Stop It, Chirac!“. Es war ein Protestzeichen gegen den französischen Präsidenten, der in diesen Tagen zu Testzwecken Atombomben auf dem Mururoa-Atoll zünden liess.

1994sutter-141464ec7f9588777eead8beaa305bb3Der damalige Bundesliga-Profi Alain Sutter (FC Bayern, SC Freiburg) wird im Zusammenhang mit der historischen Protestaktion häufig als Anführer genannt, dabei war es die ganze Mannschaft, die ein Zeichen setzen wollte. Jemand aus dem Betreuerstab habe ein Leinentuch und Spraydosen organisiert. “Ich habe das Teil schließlich mit aufs Feld genommen, und als die ersten Töne unserer Nationalhymne erklangen, habe ich mit den Kollegen das Laken entrollt“, sagte Sutter viel später der 11Freunde. “Das war absolut spontan und eine gemeinsame Aktion, alleine hätte ich das nie im Leben gemacht. Später hat man uns immer Naivität vorgeworfen, aber wir waren uns damals durchaus der öffentlichen Wirkung bewusst. Es ging vielmehr darum, unsere Haltung zu zeigen, als darum, irgendeinen Effekt zu erzielen.”

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Das Spielergebnis (0:0) ging schnell vergessen, der mutige Protest der Schweizer hingegen hatte aber Folgen – nicht direkt für Spieler oder die Mannschaft. Denn die Aktion stiess bei der breiten Bevölkerung und in den Medien auf Zustimmung. Deswegen verzichteten die nationalen oder europäischen Verbände auf eine Bestrafung. Doch die UEFA erliess aus Angst, ähnliche Aktionen könnten sich wiederholen, ein hartes Verbot für politische Kundgebungen. Und dies zeigte bis heute Wirkung. Schade eigentlich. Vielleicht wäre es gerade in diesen Tagen wieder mal an der Zeit für eine ähnliche Protest-Überraschung wie damals vor 20 Jahren.